Mittwoch, 26. März 2014

Befindlichkeiten

Ich weiß nicht, liegt es an sprachlichen Feinheiten die im Griechischen nicht vorhanden sind oder schlichtweg daran, was nicht sein darf, nicht sein kann. Es geht um die Empfindung des Wetters, der Temperatur und wie dies sprachlich ausgedrückt wird.

Wir leben hier auf der Sonneninsel. So wird sie verkauft und so sehen sie auch die Griechen. Somit kann es selbst in den kälteren Monaten nie kalt sein. So heißt es.
Nehmen wir mal an, es ist Januar, die Sonne scheint, in der Nacht hat es 6 Grad, am Tag 12 Grad. Ich sage, es ist kalt. Der Grieche sagt, nein nicht kalt nur feucht (υγρασία). Aha? Warum steht mein Freund dann in Daunenjacke, 3 Lagen Klamotten darunter und Winterstiefeln vor mir? Und warum erzählt er mir etwas von υγρασία, wenn mein Hygrometer nur 40 % Luftfeuchtigkeit anzeigt? Und seit wann gefriert, wie im Januar auf unserer Straße geschehen, Wasser durch Luftfeuchtigkeit? 

Redet man über Kälte - Entschuldigung, gibt es ja nicht -, sind gute Ratschläge zum Heizverhalten nicht weit. “Brauchst du nicht den ganzen Tag heizen, abends 1 – 2 Stunden ist genug”. Wie soll ich da ein Haus auf halbwegs angenehme 20 Grad bekommen? Bei welcher Temperatur leben die Griechen eigentlich in ihren Häusern? Bei 12 – 15 Grad? Keiner versteht, dass wir nicht den ganzen Tag mit 3 Pullovern und 2 Paar Socken im Haus herumlaufen wollen und nicht - wie viele Griechen - den ganzen Winter mit Erkältungen kämpfen wollen.

Weiter spielt scheinbar das Datum dbzgl. eine große Rolle. Gestern hörte ich vom Nachbarn, “heute heize ich noch ein wenig ein, dann ist Schluss”. Hat es mit dem 25. März, dem Nationalfeiertag zu tun? Heizt man ab da nicht mehr? Letztendlich haben wir nachts derzeit nur an die 11 Grad. Da ist es ohne Heizung, speziell morgens und abends, ungemütlich.
Weil wir gerade beim Datum sind, Mitte September, wenn die Schule wieder beginnt, wird sich “καλό χειμώνα” (guten Winter) gewünscht. Bei vielleicht noch gut 30 Grad schon etwas seltsam. Ab diesem Zeitpunkt geht der Grieche am Wochenende auch traditionell nicht mehr mit der Familie in die Strandtaverne geschweige ins Wasser.

Umgekehrt, wenn mal ein paar wärmende Sonnenstrahlen da sind, kommt sofort “κάνει ζέστη” (es ist heiß). Da kann das Thermometer im Schatten noch 18 Grad anzeigen, es ist heiß. Vielleicht liegt es daran, dass man datumsbedingt an einem evtl. warmen Märztag noch nicht aus den Winterstiefeln und der Daunenjacke herausgekommen ist.
Wenn es dann wirklich heiß wird – po, po, po -, jammern über die Temperatur von morgens bis abends.

Genannte Empfindungen und den sprachlichen Umgang damit würde man eigentlich eher von den nicht gerade wärmeverwöhnten Mitteleuropäern erwarten. Umgekehrt ist es schon amüsant.