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Donnerstag, 30. Juli 2020

φιλε μου - "mein Freund"

Wer kennt den Ausdruck nicht? "φιλε μου" (fíle mou) "mein Freund". Jeder der mal in Griechenland war. Weil man traditionell, zumindest nach außen, gastfreundlich ist, wird man so begrüßt.
Zumindest jeder, der mehr als zwei mal an einer Bar saß, in einer Taverne in einem Hotel, einer Pension war, erhält das Prädikat "fíle mou". Nach einigen Aufenthalten in GR versteht das der Reisende sprachlich und ist unheimlich stolz der "φιλε μου" von irgendjemandem zu sein.

Doch wie sieht es in der Realität aus? Es lohnt sich vielleicht mal nachzudenken.

Sprechen wir dbzgl. zuerst vom Touristen, der "Mehrfachtäter" ist, sprich ein Freund des Landes und der Menschen ist.
Foren, FB-Gruppen udgl. sind voll von Menschen, die sich freuen ein "φιλε μου" von jemand an der Bar, im Hotel, einen Ober in der Taverne zu sein.

Ist man denn wirklich ein "φιλε μου? Ich denke eher nicht. Eher - Kalo taxidi "φιλε μου", kalos orisate "φιλε μου" -. Sprich, auf einen "φιλε μου" folgt der nächste, ohne dass irgendeinem nachgeweint wird. Denn die "φιλε μου", die jedes Jahr ein paar Tage des Jahres da sind, sind den Einheimischen egal. Hauptsache der Rubel rollt und die Einheimischen haben ihr Auskommen. Was absolut verständlich ist.

Ob Tourist oder Residenter, wir alle werden in diesem Land immer Fremde bleiben. Denn hier gilt Familie, Verwandtschaft (selbst wenn wann man sich gegenseitig nicht ausstehen kann) und dann vielleicht noch der κουμπάρος (Trauzeuge) und ein paar Freunde (unter Männern), die man zum Ausgehen braucht. Dann hat es sich aber mit dem "φιλε μου".

Außer den Einmal-Touristen gibt es dann noch diejenigen, die nach Griechenland gezogen sind. Selbst wenn man der Sprache - und das ist das Wichtigste - nicht oder nur rudimentär mächtig ist, denkt jeder, ich bin ja der "φιλε μου" von vielen, die werden mir schon helfen.
Anfangs stimmt das, denn irgendwie nehmen es die "Freunde" noch nicht so ganz ernst, dass der "φιλε μου" jetzt länger auf ihrer Insel bleibt als im Urlaub. Irgendwann hören die Hilfsangebote auf. Auch verständlich, keiner muss des anderen Kindermädchen sein.

Weiter denken wir (die Ausgewanderten), es ist toll, dass wir uns jetzt öfter mit unseren "φιλε μου" treffen können (Sommer wie Winter), als nur im Urlaub.
Die Wahrheit ist, wir sehen unsere alten, griechischen Freunde seit Jahren wesentlich weniger als zu Zeiten unserer Urlaube. Woran das liegt, kann ich nur mutmaßen. Wir sind immer verfügbar. Nicht wie im Urlaub und somit hat jedes Treffen keine Eile. Dabei vergehen Monate und Jahre. Außerdem blickt man als Xenos (Fremder) immer mehr durch, wie so alles in den Familien usw. abläuft und das ist nicht gerne gesehen. Somit wird man gemieden. Nur meine Vermutung.

Mittlerweile kann ich gut darauf verzichten irgendjemandes "φιλε μου" zu sein. Denn Kontakte zu pflegen obliegt scheinbar nur dem "Xenos" und nicht dem Einheimischen, der gerne umgarnt werden will. Sprich die griechischen Freunde erwarten, dass wir ihnen wie in den Urlauben hinterherlaufen. "Ich muss den noch besuchen und den und den ...". Warum? Sind wir Freunde oder nicht? Dann bitte auf Augenhöhe und Kontakt auch außerhalb der üblichen "Floskeltage" wie Weihnachten, Ostern oder Namenstag.

Seit einiger Zeit versuche ich von der Hilfe von Griechen unabhängig zu werden. Zu 95 % klappt das mittlerweile. Und für die 5 % braucht der Grieche ebenfalls Hilfe (z. B. Steuerberater).

Kontakte pflegen wir mittlerweile lieber mit "Friends" aus aller Herren Länder, die diese Bekanntschaften auf Gegenseitigkeit auch pflegen. Sprich man telefoniert, mailt, gibt sich Ratschläge ... und wartet nicht nur darauf, dass zu den "Floskeltagen" mal ein Anruf kommt, und zusätzlich vom "reichen" Deutschen bei den Kindern der Euro rollt.

Mag alles vielleicht bitter klingen, ist es aber nicht. Mit unserem derzeitigen Freundeskreis (multinational) sind wir sehr zufrieden. Auch kann man hier beizeiten auf einem etwas höheren intellektuellem Niveau diskutieren als mit vielen bildungsfernen, die einen "φιλε μου" nennen.

Zum Schluss noch, weil es zur Situation passt. Nicht die jahrzehntelangen Freunde fragten während des Lockdowns ob wir z. B. Hilfe bzdl. Einkaufen bräuchten (wegen Alter und Risikogruppe) oder, ob wir das mit dem Formular oder SMS verstanden hätten, nein es waren junge Leute aus neuen griechischen Bekanntschaften.

γεια σας φιλε μου

Donnerstag, 28. August 2014

Zu wenig Hände

Eigentlich hat es so gar nichts mit Rhodos zu tun. Oder? Wenn ich recht überlege doch. Denn folgendes ist keine Epidemie mehr sondern eine Pandemie.

Ja was denn jetzt …?

coffetogoDen auf der Straße hetzenden Menschen reichen die 2 Hände nicht mehr aus. Warum? Wie soll man bitte auf dem Smartphone herumwischen, wenn man in der anderen Hand den “Coffee to go” halten muss?
Liebe Leser das sind elementare Probleme der Menschheit. Hier sind Innovationen bzw. die Evolution (OK, dauert zu lange) gefragt.

Doch stellen sich mir zu diesem wirklich sehr ernst zu nehmendem Thema gewisse Fragen:

Wieso muss man ein kaffeeähnliches Gesöff überhaupt im Laufen auf der Straße trinken? Hat sich der Körper des Menschen innerhalb kürzester Zeit so verändert, dass sämtliche Bedürfnisse wie Durst (ist es das überhaupt?) sofort, hier und jetzt befriedigt werden müssen? Hat man keine Zeit mehr einen Kaffee zu Hause oder dann dort, wo man gehetzt ankommt, zu trinken? Oder kann man, falls man mal Zeit hat - was ja keiner mehr laut aussprechen darf, da man sonst sofort als Taugenichts abgestempelt wird – nicht seinen Kaffee in einem gemütlichen Kaffeehaus trinken anstatt aus dem Schnabelbecher zu schlürfen? Und wieso geht gerade durch diese brühesaugende Öko-Generation kein Aufschrei der Entrüstung durch die Reihen, obgleich der täglich milliardenfach anfallenden Plastikbecher?

Fragen über Fragen, die aber wohl eher rhetorischer Art sind, denn dieses gehört eben derzeit zum Mainstream. Kurz gesagt, es ist einfach so was von cool, das zu tun, was alle tun.

Genau so cool ist es, immer und überall auf seinem i(rgendwas)-Pad-Phone herumzuwischen. Geht aber, wie wir gelernt haben, nur ohne “Coffee to go”. Da fällt die Entscheidung schwer, durch was man wichtiger aussieht. Am Besten wechseln. Am Morgen bereits im Treppenhaus auf den Dingern herumwischen und dann zum Becher wechseln. Cool! Da fühlt man sich in der Seitengasse der Kleinstadt doch gleich wie auf der Wallstreet.

Und wer sich jetzt sagt, was hat das mit Griechenland zu tun? Ha … da schließt sich der Kreis mit dem Becherchen. Wer hat’s erfunden? Die Griechen! Denn sie schlürften ihren Frappe unterwegs schon aus dem Plastikbecher, da hat “Starbucks” und Konsorten noch gar nicht gewusst, dass sie den für die ersten und letzten Lebensjahre erfundenen Schnabelbecher mal zum Kultobjekt erheben.